Daniel Harding © Stina Gullander
Saisoneröffnung: Wiener Philharmoniker / Harding
Dienstag
12
September
2017
19:30 – ca. 21:10 Uhr
Großer Saal
Veranstalter & Verantwortlicher
Wiener Konzerthausgesellschaft
Saisoneröffnung
In seinem imponierenden Schaffen versuchte Gustav Mahler, die Welt in all ihrem Glück und Leid zum Klingen zu bringen. Nahezu sein gesamtes Symphoniewerk wird in der aktuellen Spielzeit im Wiener Konzerthaus zu erleben sein, dargeboten von verschiedenen Meisterorchestern, interpretiert von starken Persönlichkeiten am Pult. Mit dem Auftakt hierzu ist gleichzeitig die glanzvolle Saisoneröffnung selbst verbunden. Sie wird von den Wiener Philharmonikern bestritten und liegt in den kundigen Händen von Daniel Harding, der Mahlers Kosmos schon in ganz jungen Jahren an der Seite der Mahler-Koryphäe Claudio Abbado erforschen konnte. Orchester und Dirigent haben ihre Mahler-Zusammenarbeit bereits vor einigen Jahren mit einer viel beachteten Einspielung der fragmentarischen Zehnten dokumentiert. Nun machen sie sich ans Ausloten der beeindruckenden Sechsten.
Diese sechste Symphonie von Gustav Mahler gilt als musikalisches Manifest der Hoffnungslosigkeit. Den Bogen finster von a-moll zu a-moll schlagend, umweht sie die Aura des vernichtenden Schicksals. Dessen Zuschlagen meint man in den zwei berühmt gewordenen Hammerschlägen des Finalsatzes zu hören. Doch als Mahler 1903/04 an diesem Werk arbeitete, befand er sich als Direktor der Wiener Hofoper noch auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Und mit der gut zwanzig Jahre jüngeren Alma Schindler war gerade erst eine der begehrtesten Schönheiten Wiens seine Frau geworden. Vielleicht ahnte Mahler ja, dass alles Glück trügerisch war. Doch Almas etwas abgründige Ansicht, Mahler hätte mit der Sechsten seine eigenen Schicksalsschläge gleichsam vorauskomponiert, leistete nur einer trüben Mystifizierung Vorschub. Derart in lebensgeschichtlicher Ergriffenheit befangen, wird man dieser so scharf und klar konzipierten Symphonie nur schwer gerecht. Denn die steten Aufhellungen, die das große Werk durchziehen, sind keine leichtgewichtigen Episoden. Man mag sie als wirklichkeitsfern vernehmen, als illusorische Folie, auf der eine erbarmungslose Realität erst Kontur gewinnt. Doch sie nehmen durchaus großen Raum ein und gestatten immer wieder ein sehnsuchtsvolles Aufatmen. So bezieht die Sechste ihre Energie aus dem Konflikt zwischen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit. Der immer wiederkehrende jähe Wechsel eines Dur-Klanges ins Moll ist ein durchgehendes Merkmal dieser Symphonie. Die Wucht ihrer Abstürze ist deshalb so groß, weil man in ihrem befreiten Hochfliegen so gerne das trügerische Versprechen auf Dauerhaftigkeit hören würde; ein singuläres Ausloten der Extreme, das bereits bei seiner Uraufführung großen Eindruck auf das Publikum machte.