«Blossoming II»

von Wiener Konzerthaus

Schon
bei der Uraufführung von Toshio Hosokawas «Blossoming II» im Sommer 2011 stand
Robin Ticciati am Dirigentenpult. Das Konzert im Rahmen des Edinburgh
International Festival mit dem Scottish Chamber Orchestra veranlasste die
Financal Times zu einer begeisterten Kritik.
Nun eröffnet Ticciati das Gastspiel des London Symphony Orchestra im Wiener
Konzerthaus mit eben diesem so berührenden Stück.
Hosokawa,
der seine kompositorische Ausbildung in Berlin und Freiburg erhielt, erklärt
einen wichtigen Unterschied zwischen europäischer und japanischer Musik damit,
dass in der westlichen Tradition ein Ton nur ein Teil eines Ganzen sei, während
in der japanischen Musik eine Note eine Landschaft darstelle. Es folge immer
auf einen Klang eine Pause, dann wieder ein Klang und eine Pause. Seine eigene
Musik charakterisiert Hosokawa folgendermaßen: «Es ist als wenn man langsam
durch einen Garten ginge.» Und japanische Gärten sind nicht symmetrisch. Denn,
so der Japaner: «Wenn ich Musik schaffe, möchte ich dies auf der Basis meiner
eigenen musikalischen und kulturellen Wurzeln tun und sie von dort aus
innerlich erblühen lassen.»
«Das
Thema <Blumen> hat mich in den letzten Jahren immer wieder beschäftigt.
Mein Großvater war ein Meister der japanischen Kunst des Ikebana, des
Arrangierens von Blumen; Zeami, der Schöpfer der traditionellen japanischen
Theaterform des Nō, nannte die besten Schauspieler des Nō <Blumen>. Die
tiefe Verwurzelung von Blumen in der japanischen Ästhetik und Spiritualität
haben mich beeinflusst, sie zum Thema meines Werks zu machen. In «Blossoming II» ist es der Lotus, die Symbolblume des Buddhismus. Die
Blume und ich sind Eins; ihr Erblühen symbolisiert mein eigenes Bewusstwerden,
die Entdeckung meines Ichs», so Toshio Hosokawa.
Es ist ein
Streichquartett aus dem Jahr 2007, auf welchem Hosokawas Stück für
Kammerorchester basiert. «Kaum wahrnehmbar,
im vierfachen Piano, erklingt ein lang ausgehaltener Ton im mittleren Register,
dessen Erwachen der Hörer nur allzu leicht verpassen kann. Allmählich schälen
sich aus diesem Urgrund Glissandi und Tremoli heraus, winden sich Töne in engen
Intervallen kaum merklich auf- und abwärts, mischen sich Windeffekte der Bläser
in dieses sensibel austarierte, äußerst störanfällige Klanggeflecht. Nach einer
ganzen Weile erblühen aus diesem <Schoß der Harmonie> vorsichtig kurze
melodische Floskeln, wachsen dem Licht entgegen, zunächst in einzelnen Stimmen,
hernach jeweils um ein Achtel versetzt in verschiedenen Stimmen gleichzeitig.
Erst spät kommt mehr (Gegen-)Bewegung ins pflanzliche Ranken, verläuft das
Wachsen bisweilen auch sprunghaft, bis sich der lebendige Mikrokosmos peu à peu
wieder in den wuselnden Urgrund zurückzieht.»
So wird das Werk im Programmheft zur deutschen Erstaufführung an der Kölner
Philharmonie beschrieben.
Robin Ticciati, der
jugendliche Meisterdirigent aus Großbritannien, wird das LSO auf seiner Expedition
zu klanggewordenen Inseln des «himmlischen Lebens» sogleich zu Ravels equisitem
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 G-Dur mit dem Solisten Simon Trpčeski weiter leiten. Die zweite
Programmhälfte ist dann ganz Mahlers groß angelegter 4. Symphoniy gewidmet,
wobei die Mezzo-Sopranistin Karen Cargill das hymnische Finale vom «himmlischen
Lebens» intonieren wird. jst.
Weitere Informationen zum Konzert finden Sie hier: http://bit.ly/1sVI0bL
14.01.2015
um
12:06
| Publiziert in:
Klassik
|
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