Teodor Currentzis © Nadya Rosenbaum (Ausschnitt)
Carminho © Leo Aversa (Ausschnitt)
Rudolf Buchbinder © Philipp Horak (Ausschnitt)
Julian Rachlin © Janine Guldener (Ausschnitt)
Yuja Wang © Kirk Edwards (Ausschnitt)
Philippe Jordan
Take 6 © John Shyloski (Ausschnitt)
Das STANDARD-Konzerthaus-Abo
Mitunter gelingt es einem Konzerttempel, mit nur einem
Abend seine Philosophie darzustellen: Zum Eröffnungsevent
des Festivals »Wien Modern« im Wiener
Konzerthaus etwa wird überraschend kein Spezialistenensemble
der schrägen Töne aufspielen. Es zelebrieren
die Wiener Philharmoniker ihren kostbaren Sound – und
nicht nur bei Arnold Schönbergs spätromantisch-fiebriger
»Verklärter Nacht«. Uraufgeführt wird auch »Scattered
Light« für unbalanciertes Orchester des österreichischen
Komponisten Johannes Maria Staud. Zudem geht es
mit John Cage in Bereiche der klassischen Avantgarde:
Dessen Stück »4'33''« wurde 1952 durch den Pianisten
David Tudor uraufgeführt. Die drei Sätze des Werkes
zeigte er durch Schließen und Öffnen des Klavierdeckels
an. Mehr gab es für ihn nicht zu tun. Das Stück besteht
ja ausschließlich aus Stille – Cage nicht unironisch: »Was
mir aber wirklich an dem Stück gefällt, ist, dass es jederzeit
gespielt werden kann …« Die Wiener Philharmoniker geben
aber auch Cages Stück »Sixty-Eight«, womit das Programm
insgesamt die Buntheit des Wiener Konzerthauses demonstriert.
Selbstverständlich spiegelt sich die Offenheit
für diverse Richtungen der Musikgeschichte auch in diesem
Abonnement. Da wäre das Ensemble MusicAeterna
mit dem zu Überraschungen aufgelegten Teodor Currentzis wie auch der impulsive Dirigent Valery Gergiev (mit
seinem Mariinsky Orchestra) oder das Orchestre de
Paris mit Daniel Harding. Exquisit auch das Angebot im
Bereich der Solisten und Sänger: Es erheben u. a. Thomas
Hampson und Matthias Goerne ihre Stimmen. Mit
dabei sind Virtuosen wie die Geigerin Janine Jansen
oder Klavierkönner wie Igor Levit, Yuja Wang und Rudolf
Buchbinder. Und natürlich sind stilistische Ausflüge
ins Soulige, Jazzige und Folkloristische zu erleben:
Das A-cappella-Ensemble Take 6 steht in der Tradition
afroamerikanischen Gesanges. Die Vokalistin Carminho
erweckt die Melancholie des portugiesischen Fado.
Und das Janoska Ensemble changiert unbeschwert
zwischen Klassik, Jazz und Folklore. Wesentlich: All
diese Künstler führen ihr technisches Können über das
Demonstrieren instrumentaler Fähigkeiten hinaus: Cage,
der uns allen »happy new ears« wünschte und vor
neuen Ideen weniger Angst hatte als vor alten, brachte
es auf den Punkt: »Wissen, wie man ein Instrument
spielt, ist toll. Aber zu wissen, wie man Musik macht,
dies vermögen nur die ganz Großen.«
(Ljubiša Tošić, Musikkritiker, DER STANDARD)