Besetzung
Klangforum Wien
Dörte Lyssewski, Lesung
Hermann Schmid, Lesung
Katrien Baerts, Sopran
Olivier Vivarès, Klarinette
Anders Nyqvist, Trompete
Annette Bik, Violine
Gunde Jäch-Micko, Violine
Dimitrios Polisoidis, Viola
Andreas Lindenbaum, Violoncello
Sylvain Cambreling, Dirigent
Programm
»Ein Zweifelsfall«
Joseph Haydn
Die Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze Hob. III/50-56 (Fassung für Streichquartett) (Sonata VI. Lento: «Consummatum est!») (1786–1787)
Giacinto Scelsi
Quattro pezzi per tromba sola (1956)
Martin Mosebach
Das Tuch: 1. Dialog
Joseph Haydn
Die Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze Hob. III/50-56 (Fassung für Streichquartett) (Sonata II. Grave e cantabile: «Amen dico tibi: hodie mecum eris in paradiso») (1786–1787)
Martin Mosebach
Das Tuch: 2. Dialog
Joseph Haydn
Die Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze Hob. III/50-56 (Fassung für Streichquartett) (Sonata III. Grave: «Mulier, ecce filius tuus, et tu, ecce mater tua!») (1786–1787)
Georges Aperghis
Babil (1996)
Martin Mosebach
Das Tuch: 3. Dialog
Joseph Haydn
Die Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze Hob. III/50-56 (Fassung für Streichquartett) (Sonata I. Largo: «Pater, dimitte illis, non enim sciunt, quid faciunt») (1786–1787)
Martin Mosebach
Das Tuch: 4. Dialog
Joseph Haydn
Die Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze Hob. III/50-56 (Fassung für Streichquartett) (Sonata V. Adagio: «Sitio») (1786–1787)
Iannis Xenakis
Jalons (1986)
Martin Mosebach
Das Tuch: 5. Dialog
Joseph Haydn
Die Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze Hob. III/50-56 (Fassung für Streichquartett) (Sonata IV. Largo: «Eli, Eli, lama asabthani?») (1786–1787)
Martin Mosebach
Das Tuch: 6. Dialog
Klaus Lang
the book of serenity (2007)
Martin Mosebach
Das Tuch: 7. Dialog
Gérard Grisey
Berceuse (Quatre chants pour franchir le seuil Nr. 4) (1996–1998)
Anmerkung
Freie Platzwahl
Dieses Konzert wird im Rahmen einer Kooperation zwischen der Wiener Konzerthausgesellschaft und dem Klangforum Wien durchgeführt. Bitte beachten Sie die mit dem Einzelkarten- oder Abonnementkauf verbundenen Zustimmungserklärungen laut dem Punkt »Datensicherheit (Kooperationsveranstaltungen)« in den Allgemeinen Verkaufs- und Abonnementbedingungen der Wiener Konzerthausgesellschaft.
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La Sindone – ein Gewebe mit den Maßen 4,36 x 1,10 Meter, mit großer Wahrscheinlichkeit im 14. Jahrhundert hergestellt, seit September 1578 im Dom von Turin verwahrt. Das Tuch zeigt deutlich das Bild eines Leichnams, der alle Spuren jener Misshandlungen und Torturen trägt, wie sie Jesus von Nazareth nach den Berichten der Evangelien
erlitten hat. In der Geschichte der Menschheit ist nie ein Stück Stoff mit größerem wissenschaftlichen Aufwand untersucht worden. Sein Geheimnis hat es dennoch nicht preisgegeben.
In seinem für zwei Sprecher geschriebenen Text »Das Tuch« verfolgt Martin Mosebach
die Spuren aller Projektionen, aller Hoffnungen und Zweifel, die sich an diesem Stück Stoff seit 700 Jahren kristallisieren: Eine Frau und
ein Mann, dargestellt von zwei Größen des
deutschen Sprechtheaters, Dörte Lyssewski
und Hermann Schmid, führen keinen eigentlichen
Dialog. Wir finden sie gleichsam
über das Leichentuch gebeugt. Sie studieren
es und teilen nüchtern, nachdenklich, versunken die Ergebnisse ihrer Recherche, ihre
Funde und Eindrücke mit. Für die beiden
hängt von der Untersuchung nichts ab – sie
sind mit jedem Ergebnis einverstanden.
Es ist Unerklärliches, das wir zu hören bekommen,
verstörend und inspirierend zugleich: Die wissenschaftlichen Erkenntnisse, von
denen jede einzelne nachvollziehbar und unbestreitbar erscheint, sind nicht miteinander
in Einklang zu bringen. Die Dichte der uns zugemuteten Informationen verlangt große
Räume von Stille und Reflexion. Diese stellt das Klangforum Wien mit einem Musikprogramm her, das der Raffinesse von Martin Mosebachs Text um nichts nachsteht. Im Mittelpunkt stehen Joseph Haydns »Die Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze«. Auf die Sonata Nr. VI »Es ist vollbracht«, die den Konzertteil des Abends eröffnet, folgen
Giacinto Scelsis »Quattro pezzi per tromba sola«. Die weiteren zeitgenössischen Werke – »Babil« von Georges Aperghis, »Jalons« von Iannis Xenakis und »book of serenity« von
Klaus Lang – heben die Qualitäten der menschlichen Stimme ins Bewusstsein oder laden
zum Verständnis des Weges als Ziel ein, bevor mit dem abschließenden Wiegenlied, der
»Berceuse« aus Gérard Griseys »Quatre chants pour franchir le seuil« der Schluss gefunden
wird: Auf den Schlaf folgt das Erwachen.